Blog | Die Alpenwoche 2024 in Nova Gorica - ein Nachbericht

Die Alpenwoche 2024 in Nova Gorica - ein Nachbericht

Die Alpenwoche 2024 in Nova Gorica - ein Nachbericht
Katja Jast 26. September 2024

23.-26. September 2024, Nova Gorica, Slowenien

Die Alpenwoche stand im Jahr 2024 unter dem Motto „The Alps in our Hands“ und behandelte Schwerpunktthemen wie Klimawandel, Biodiversität, soziale Gerechtigkeit und grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Vom 23.-26. September passierte viel in der kleinen Stadt Nova Gorica, der neuen Kulturhauptstadt Europas 2025. Kein Wunder, wenn so viele verschiedene Organisationen wie Alliance in the Alps, Alpine Town of the Year, CIPRA International, WWF oder Interreg Alpine Space an der Durchführung mitwirkten. Dies führte zu einem spannenden Austausch an Ideen. Auf dem VITALPIN Blog stelle ich euch meine Impressionen vor:  

 

Am 24. September startete die Alpenwoche mit einer offiziellen Begrüßung: Die Reden von Alenka Smerkolj und Emil Ferjančič betonten die Bedeutung der Zusammenarbeit und des Engagements für die Zukunft der Alpenregion. Smerkolj hob hervor, dass die Stimmen und Ideen junger Menschen entscheidend seien, um die Alpen zu schützen und zu gestalten. Sie forderte ein gemeinsames Zuhören und Handeln unter dem Motto „Alpen in unseren Händen“. Ferjančič ergänzte, dass ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen und die Förderung ökologischer Systeme von zentraler Bedeutung für die Lebensqualität in der Region seien. Er ermutigte die Teilnehmenden, die Alpenwoche zu nutzen, um das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit zu stärken.

„Wir müssen einander zuhören.“

- Alenka Smerkolj 

Serena Arduino © Iztok Bončina
Serena Arduino © Iztok Bončina

Nach der Begrüßung folgten drei Keynotes, die sowohl bekannte Themen als auch neue Impulse setzten. Lučka Kajfež Bogataj, eine renommierte Klimatologin und Professorin an der Fakultät für Biotechnologie in Ljubljana sowie Mitglied des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC), betonte die erheblichen Auswirkungen steigender Temperaturen, veränderter Niederschlagsmuster und intensiver Naturkatastrophen auf Landschaften, Wirtschaft und Gesellschaft im Alpenraum. Sie machte deutlich, dass zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung in der Region sowohl Abmilderungs- als auch Anpassungsmaßnahmen erforderlich seien. Allerdings stießen diese Maßnahmen an biophysikalische, wirtschaftliche, technologische und gesellschaftliche Grenzen. Darüber hinaus warnte sie vor den wirtschaftlichen Folgen des fortschreitenden Klimawandels, der laut ihren Schätzungen zu einem jährlichen Rückgang des BIP um 7 % führen könnte – das Gegenteil zu der wachstumsorientierten Gesellschaft, in der wir heute leben.

Anknüpfend an die Folgen des Klimawandels war Biodiversität ein wichtiges Thema. Serena Arduino, ehemalige Präsidentin von CIPRA International und Beobachterin im Alpinen Biodiversitätsbeirat sowie in den EUSALP-Aktionsgruppen für grüne Infrastruktur und natürliche sowie kulturelle Ressourcen, berichtete über die Governance, die das gesamte System aus Normen, Institutionen und Prozessen umfasste. Sie betonte, dass es entscheidend sei, nicht in Details zu verweilen, sondern als globale Gemeinschaft in die gleiche Richtung zu gehen, da die Zeit dränge. Gute Governance zeichne sich dadurch aus, dass sie vernetzt und messbar sei. Sie forderte ein schnelleres Handeln. Im Rückblick auf die letzten zwanzig Jahre zeigte sich, dass die Fortschritte in der Governance der Biodiversität eher langsam waren.

In der abschließenden Podiumsdiskussion wurde deutlich, dass schnelles Handeln und mutige Entscheidungen von Bedeutung seien. Vorreiter wie die Stadt Sonthofen ging proaktiv auf die Bevölkerung zu und schuf neue Wege für ein nachhaltiges Leben. Durch Initiativen wie „Luftkurort“, „Radstadt“ oder „Fair Trade-Stadt“ reagierten die Stakeholder auf den Wandel. Die Podiumsteilnehmenden betonten die Wichtigkeit, junge Menschen in den Bergregionen zu halten, indem man diesen zeigt, wie besonders und lebenswert die Alpen sind.

Es zeigte sich, dass der Wandel nicht über Nacht geschieht, sondern Zeit und Engagement benötige. Mutige Entscheidungen seitens der Alpenkonvention wurden als notwendig erachtet, um die Weichen für eine lebenswerte Zukunft für kommende Generationen zu stellen. Trotz der Herausforderungen motivierte die Verantwortung für heutige und zukünftige Generationen die Teilnehmenden, weiterhin in den Alpen leben und arbeiten zu wollen.

Georg Kaser © Iztok Bončina
Georg Kaser © Iztok Bončina

"Alps without Snow"

Allgemein war die Zukunft der Alpen ein Kernthema – und damit auch unumgänglich das Thema Schnee. Am Mittwoch, den 25. September, besuchte ich die Veranstaltung „Alps without Snow“. Die Session profitierte von den Ergebnissen des EU-Projekts BeyondSnow sowie von der Arbeit des WWF zu alpinen Freiräumen und Gletscherschutz.

Die Session widmete sich dem Rückgang der Schneedecke in den Alpen, der durch den Klimawandel bedingt war, sowie den damit verbundenen Auswirkungen auf lokaler Ebene. Die Veranstaltung begann mit einer Keynote von Georg Kaser, einem renommierten Glaziologen, der in das Phänomen der Gletscherschmelze und deren Konsequenzen einführte. Selbst wenn der momentane Grad der Erderwärmung beibehalten würde, seien die Folgen für unsere Gletscher verheerend, denn die Abschmelzung sei enorm. Neben den verheerenden Auswirkungen für die Natur diskutierten wir auch die Herausforderungen für lokale Gemeinschaften.

Ein Rollenspiel zeigte uns auf, wie komplex die Thematik war, und wie viele verschiedene Interessensgruppen hier aufeinander trafen. Es wurde erörtert, ob die Infrastruktur zur Verbesserung der künstlichen Beschneiung ausgebaut werden sollte, ob die Entwicklung in höheren Lagen eine sinnvolle Lösung darstellte oder ob ein Übergang weg von der Schneeabhängigkeit angestrebt werden sollte. Fragen wie: „Soll das Gletschergebiet ausgebaut werden oder nicht?“, „Verlieren wir Arbeitsplätze und damit auch die jungen Leute?“ und „Wie können wir umsatteln auf andere sanftere Tourismusarten, wie den Bike-Tourismus?“ bildeten nur den Ansatz unserer Gedanken. Wir sprachen auch mit Konrad Kienle, dem Bürgermeister von Balderschwang, der an dem Projekt Beyond-Snow der Alpenallianz teilnahm und über die Zukunft des Ortes berichtete. Klar war – der Weg in die Zukunft durch entsprechend nachhaltige Angebote „ging nur mit einem Wir“ laut dem Bürgermeister.

Dass es nur gemeinsam geht, zeigte sich auch in dem Workshop „Engaging Stakeholders for Climate Action“, der vom Alpine Climate Board (ACB) organisiert wurde und die Bedeutung des Stakeholder-Engagements für erfolgreiche Klimaschutzmaßnahmen thematisierte. In der Veranstaltung wurde betont, dass Klimaschutz darauf angewiesen sei, dass Menschen informierte Entscheidungen treffen, aktiv werden und Veränderungen in ihrem Leben und Arbeitsstil akzeptieren. Dies könne ein langwieriger Prozess sein, wie uns die Leiterin Claire Simon verriet. Bei vielen Beteiligten, die alle in unterschiedliche Richtungen wollten, müsse erst einmal eine gemeinsame Grundlage geschaffen werden. Die Auswirkungen von Engagementmaßnahmen auf Stakeholder, einschließlich möglicher Widerstände, wurden thematisiert. Methoden zur Unterstützung des Engagements und der Veränderung, einschließlich positiver Narrativen, wurden vorgestellt. Im Workshop gingen wir insbesondere auf theoretische Modelle ein, die helfen können, eine gemeinsame Narrative zu schaffen und Veränderungsprozesse anzugehen.

© Iztok Bončina
© Iztok Bončina

Das Fazit von VITALPIN zur Alpenwoche 2024 fiel insgesamt sehr positiv aus. Die Veranstaltung bot eine breite Palette an Möglichkeiten, sowohl lokale Gegebenheiten durch Exkursionen zu erkunden als auch sich intensiv mit den zentralen Themen auseinanderzusetzen. Ein roter Faden war die Förderung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit zwischen den Alpenländern. Nova Gorica, als Austragungsort direkt an der Grenze zwischen Slowenien und Italien, war ein starkes Symbol für diese Kooperation. Es zeigte sich, dass innovative Ansätze und gemeinschaftliche Lösungen nötig waren, um Herausforderungen wie Klimawandel, Biodiversitätsverlust und nachhaltigen Tourismus anzugehen.

Exkursionen waren gut organisiert, Keynotes von führenden Persönlichkeiten setzten wertvolle Impulse, und die Parallel Sessions boten die Chance, sich in kleinen Gruppen intensiv mit spezifischen Themen zu beschäftigen. Dank Dolmetschern konnte die mehrsprachige Durchführung ermöglicht werden, was einen hohen organisatorischen Aufwand erforderte, aber auch internationalen Austausch förderte. Die Abendveranstaltungen boten eine zusätzliche Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und die lokale Kultur zu erleben.

Ein weiterer wichtiger Punkt der Alpenwoche 2024 war, dass jede Stimme Gehör fand. Teilnehmende aus verschiedensten Bereichen – von Wissenschaftlern über lokale Betriebe bis hin zu Organisationen – konnten ihre Perspektiven einbringen. Dabei wurde auch öffentlich gefordert, dass Institutionen wie die Alpenkonvention mutigere Schritte unternehmen sollten, um die drängenden Herausforderungen im Alpenraum effektiver anzugehen. Der schlichte, aber funktionale Veranstaltungsort erfüllte dabei alle Anforderungen der Konferenz.

© Iztok Bončina
© Iztok Bončina
Über die Autorin

Über die Autorin

Katja ist seit 2024 Mitglied im VITALPIN-Team. Sie ist regelmäßig auf verschiedenen Veranstaltungen unterwegs, um die aktuellsten Insights der Branche zu sammeln. Neben der Teilnahme an Events plant sie auch eigene Veranstaltungen und entwickelt neuen Content für den VITALPIN-Blog. So sorgt sie dafür, dass alle Mitglieder und Interessierten gut informiert und auf dem neuesten Stand sind.

Kontakt: katja.jast@vitalpin.org

Vitalpin