Blog | Die (An)reise als Urlaubserlebnis - Die Philosophie der Alpine Pearls

Die (An)reise als Urlaubserlebnis - Die Philosophie der Alpine Pearls

Die (An)reise als Urlaubserlebnis - Die Philosophie der Alpine Pearls
Gastautor | Alpine Pearls 5. April 2023

„Der Weg ist das Ziel.“ 

Konfuzius

 

Vielzitiert, ist es das Schicksal dieser Konfuzius zugeschriebenen Aussage – wie so viele andere Weisheiten – eher als „motivational quote“ in einem Internetmeme zu landen, denn als wahrer Denkanstoß zu dienen. Unsere schnelllebige, auf rasche Ergebnisse und große Erfolge gepolte Zeit will eigentlich immer irgendwo hin, sie will Ziele erreichen. Der Weg erscheint oft als lästige Notwendigkeit, die keinen Wert an sich hat.

Und doch.

Haben nicht die Vorkommnisse der vergangenen Jahre, alle Krisen – von der Corona-Pandemie über die drängende Frage nach Lösungen für den Klimawandel, den aktuellen Kriegen und Naturkatastrophen bis hin zur größten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten – eine Frage zugespitzt, die schon vor der Pandemie die Gemüter weitsichtiger Touristiker wie Reisender bewegt hat: Wohin wollen wir in Zukunft gehen? Und vor allem, WIE wollen wir es tun?

Dieses Wie, also die Frage nach dem Weg, ist dabei zentral, denn sie ist der komplexere Aspekt angesichts aller Herausforderungen, die es in einer globalen Welt, in der alles ineinandergreift, zu bewältigen gilt; angesichts der Interessen und Bedürfnisse zahlreicher Akteure, die berücksichtigt werden wollen. Was wir heute tun, definiert, wer wir morgen sind: Der Weg ist das Ziel.

Genau diese Aspekte der Reisebranche sind es, die die Kooperationsgruppe Alpine Pearls beschäftigen – im großen, „philosophischen“ Sinn, aber auch im Kleinen, das immer die einzige Handlungsmöglichkeit ist, die uns als Menschen und Vereinigungen offenstehen. Die großen, weltumwälzenden Entscheidungen muss die Politik treffen. Auf diese können wir nur hoffen.

Peter Brandauer, Präsident der Alpine Pearls

Peter Brandauer, Präsident der Alpine Pearls

„Der Fokus von Alpine Pearls – 
einem internationalen Netzwerk
ausgewählter Destinationen im
Alpenraum für attraktiven,
nachhaltigen Tourismus –
liegt auf zukunftsorientierter,
klimafreundlicher Mobilität
und deren positiven Auswirkungen
auf einen Urlaub im Einklang mit
der Umwelt."

Mitglieder verbindet der Wunsch, eine Vorreiterrolle einzunehmen, wenn es darum geht, sanfte Mobilität und die Wahrung der unterschiedlichen Lebensstile in den Alpenregionen zu fördern. Die stressfreie Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln soll bereits als wesentlicher Teil des Urlaubserlebnisses begriffen werden, in ihr soll Lust auf Entdeckung, Spannung auf das wahrhaftige Eintauchen in eine ausgewählte Destination mitschwingen. Wie in den Zeiten vor dem Pauschaltourismus, der für die Ökonomie so förderlich, für die Ökologie so zerstörerisch war, soll die Reise Teil des Abenteuers sein: Der Weg ist das Ziel.

Deshalb ist die Anreise mit öffentlichen und extra dafür bereitgestellten Verkehrsmitteln bis auf 0 Kilometer auch eines der Aufnahmekriterien für potentielle Destinationen, die sogenannten „alpinen Perlen“ in derzeit Österreich, Italien, Deutschland und Slowenien.

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Eine Frage der Motivation

Reise- und Buchungsverhalten

Pauschalreisende mit dem Wunsch nach dem schnellen, oberflächlichen Konsum wird es immer geben. Das ist eine Tatsache. Es sind aber jene, die sich gegen diese Tendenzen stellen, denen wir gangbare Alternativen bieten müssen. Allerdings sprechen viele Trends dafür, dass in der allgemeinen Wahrnehmung der Reisenden eine Entwicklung in die richtige Richtung bereits stattgefunden hat.

Das Reise- und Buchungsverhalten der Menschen hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Das Modell Jahresurlaub läuft aus – sicher unter anderem deshalb, weil sich die Planbarkeit in den letzten Jahren als so fragil erwiesen hat –, Gäste ergreifen viel eher spontan Gelegenheiten, um zu verreisen. Auch die Gründe, aus denen sich Gäste für oder gegen eine Destination entscheiden, haben sich gewandelt.

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Reiseverhalten

Studie von Booking.com

Vor drei Jahren führte Booking.com eine weltweite Studie zum Reiseverhalten durch. Ein wichtiges Ergebnis daraus war: Mehr als die Hälfte der Reisenden will nachhaltige Entscheidungen treffen, wenn es um das Reisen geht. Gleichzeitig möchten die Wenigsten zum Verzicht aufgerufen werden, es herrscht vielmehr der Wunsch vor, Neues auszuprobieren, sich auszuleben.

Verzicht liegt nicht in der menschlichen Natur, einmal erworbene Privilegien oder Bequemlichkeiten werden von der großen Masse ungern freiwillig wieder aufgegeben. Das sind wichtige Erkenntnisse, die es in der Planung nachhaltigerer Angebote zu berücksichtigen gilt: Wenn wir den Gästen etwas „nehmen“, an das sie gewohnt sind, das sie liebgewonnen haben, müssen wir es durch etwas anderes ersetzen, das mindestens ebenso attraktiv ist. Der Megatrend authentisches Erlebnis ist mit Sicherheit ein wirksames Substitut mit enormem Potential.

Das Mindset der Gäste sieht laut Booking.com-Studie in etwa so aus: Reisen? Ja unbedingt. Nachhaltig reisen? Ja, gerne! Bequem reisen? Aber natürlich.  

Für viele Reisende wird das Wohin immer weniger wichtiger als das Erlebnis des Reisens an sich. Sie sind bereit, Schätze – Perlen – zu entdecken, die sie vielleicht vor Jahren noch nicht auf ihrer Bucketlist hatten. Attraktive Destinationen punkten mit überzeugenden Argumenten: Sie sprechen die Abenteuerlust in den Reisenden an und wecken in ihnen das Gefühl, etwas nicht Austauschbares erleben zu können.

Michael Oberhofer, Geschäftsführer Alpine Pearls

Michael Oberhofer, Geschäftsführer Alpine Pearls

„Reiseziele sollen sich ebenso
individuell anfühlen, wie
der Mensch sich selbst empfindet."

Die Gesellschaft und damit das Reiseverhalten ihrer Vertreter sind von einem extremen Drang nach Individualisierung geprägt, ebenso wie die Erwartungen, die diese dann an Angebote und Serviceleistungen haben. Dabei geht es darum, dass Menschen als einmalig angesehen und auch so behandelt werden wollen. Schickt ein potenzieller Gast beispielsweise eine Anfrage an ein Hotel, dann ist es für ihn unglaublich ärgerlich, wenn er ein Angebot erhält, das er so auch auf der Website finden kann. Fühlt er sich dabei besonders und einmalig? Keineswegs. Wird er dieses Angebot buchen? Nein. Denn seine Erwartungen wurden bereits enttäuscht. Kommt auf die Anfrage aber ein personalisiertes Angebot, das exakt seinen Vorgaben entspricht, das den kleinen, aber sehr feinen Unterschied zu einem Standardangebot enthält, noch dazu mit den Verweisen auf die Möglichkeit einer sanften Anreise, bei der man bereits innerlich den Alltagsstress beiseitelegen kann, dann begeistert die Aussicht auf den Aufenthalt schon im Vorhinein.

Gerade so spezialisierte Destinationen wie die Alpine Pearls können diese Wettbewerbsvorteile für sich nutzen, um eine zeitgemäße Art des Tourismus zu fördern: Kleine, feine, authentische Destinationen, die sich mit nachhaltigen Verkehrsmitteln erreichen lassen, bilden eine zukunftsträchtigere Alternative zu den herkömmlichen und bereits überholten Formen des Tourismus.

Dazu haben sie, was viele Menschen bei ihrem Aufenthalt suchen: unberührte Natur, Freiheit, weitläufigen Raum für sich und ihre Gedanken, Zeit, um Kraft zu tanken für den Alltag.

Alois Kronbichler, Geschäftsführer Alpine Pearls

Alois Kronbichler, Geschäftsführer Alpine Pearls

„Die Megatrends Neo-Ökologie,
Mobilität und Nachhaltigkeit
spielen eine große Rolle, um
genau solche Bilder und Momente
auch in Zukunft bieten zu können."

Wir dürfen nicht vergessen: Prognoserechnungen besagen, dass im Jahr 2050 80 Prozent der Weltbevölkerung in städtischen Ballungsräumen leben werden. Diese Menschen sind es gewohnt, rasch und komfortabel mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Fahrrad oder zu Fuß von A nach B zu kommen.

Gleichzeitig haben gerade Stadtbewohner ein großes Bedürfnis, in ihren Auszeiten die Städte zu verlassen – die Sehnsucht nach dem ländlichen Leben nimmt zu, je mehr es aufhört, tägliche Lebensrealität zu sein. Dabei erwarten sie dasselbe unkomplizierte und reibungslose Verkehrskonzept, das sie aus dem urbanen Raum gewohnt sind. Und hier müssen wir heute die Konzepte für morgen entwerfen und umsetzen.

Achtsames, stressfreies Reisen, bei dem der Weg keine lästige Pflicht ist, sondern ebenso wertvoll wie der Aufenthalt vor Ort, weil Zeit kostbar ist und jede Minute ausgekostet werden will, ist die Zukunft des Tourismus. Diese Erkenntnis liegt der Philosophie der Alpine Pearls zugrunde.

 

Foto Credits:
Personen: ©Brandnamic
Titelbild: ©Alpine Pearls – APT Alpe Cimbra (Camilla Pizzini)
Weitere Landschaftsfotos: Vitalpin und Tirol Werbung

Über die Autoren

Über die Autoren

Die Kooperation Alpine Pearls, die aktuell 19 Mitgliedsdestinationen umfasst, wurde 2006 als Verein gegründet und 2022 in einen EVTZ umgewandelt. Die Alpine Pearls haben es sich zum Ziel gesetzt, eine Vorreiterstellung im Bereich der zukunftsorientierten, klimafreundlichen Mobilität sowie des Slow Travelling an authentischen Destinationen einzunehmen und diese immer weiter auszubauen.

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